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Von Deutschland nach Australien

Der Flug nach Melbourne ist beinahe die berühmte Reise auf die andere Seite der Welt. Nur Neuseeland würde dieser Aussage für uns Deutsche noch ein Stück besser treffen. Trotzdem kann so ein Flug nur schwerlich auf einem absolviert werden und es gibt dementsprechend verschiedene Flugrouten. Die zwei bekanntesten Touren gehen entweder über die Emirate oder über Indien und Südostasien. Der Flug über Indien und Südostasien hat den Nachteil, dass man in Delhi und Singapur umsteigen muss. Somit also einmal mehr als über die Emirate. Ein Vorteil wäre eventuell das man, einen entsprechenden Fensterplatz voraus gesetzt, mehr von der Welt sieht. Denn nach den Emiraten kommt bis nach Australien nur das wunderbar blaue Wasser des indischen Ozeans.

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Ausschnitt Weltkarte von Frankfurt am Main in Deutschland bis Melbourne in Australien.

Der Flug an sich dauert zuerst ca. 6 h bis Doha und dann nochmals ca. 20 h bis Melbourne. Zusammen mit den knapp 3 h Aufenthalt beim Transit, den 10 h Zeitverschiebung und der eigentlichen Reisedauer kommt man erst 39 h später in Melbourne an. Interessanter Weise ändert sich die Zeitverschiebung zur Südhalbkugel in Abhängigkeit davon, ob wir in Deutschland Winter- oder Sommerzeit haben. Im Winter sind es 10 h und im Sommer nur 8 h.

Die Planung der Reise

Mein zweimonatiger Aufenthalt in Melbourne wurde durch den deutschen akademischen Austauschdienst (DAAD) gefördert und entstand durch die Zusammenarbeit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Markus Lippitz am Lehrstuhl EP3 der Universität Bayreuth und Dr. Daniel Gomez von der "Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation" (CSIRO). Bereits vor meiner Abreise hatte ich schon Kontakt zu meinen neuen australischen Kollegen, da im Zuge des gemeinsamen Austausches auch ein Student nach Bayreuth kam.

Gastorganisation

CSIRO ist eine staatliche Behörde Australiens für wissenschaftliche und industrielle Forschung mit Sitz u.a. in Clayton, Melbourne. Dort war ich als ein „Visiting Student“ (Gaststudent) angestellt und verbrachte einen Großteil meiner Zeit in der Abteilung Manufacturing sowie in der Forschungseinrichtung „Melbourne Centre for Nanofabrication“ (MCN), ebenfalls in Clayton. Clayton ist ein Stadtteil von Melbourne und liegt südöstlich vom Stadtkern (CBD). Ein Doktorand dieser Gruppe, Stuart, war zuvor als Gast-PhD am Lehrstuhl EP3 in Bayreuth für knapp zwei Monate im Herbst 2014 tätig. Ihn konnte ich in Melbourne jederzeit um Rat und Hilfe bitten. Zusammen mit Daniel half er bei der Planung und Organisation, um mir die grundlegenden Fertigkeiten zur Herstellung nanoskalierter Halbleiterproben auf Deckgläsern beizubringen.

Vorbereitungen

Nachdem ich mich dazu entschlossen hatte, in der Arbeitsgruppe von Prof. Lippitz meine Masterarbeit zu schreiben, gingen die Vorbereitungen für meinen Auslandsaufenthalt sehr schnell voran. Am Lehrstuhl musste ich nur einen Dienstreiseantrag ausfüllen. Die Finanzierung erfolgte hierbei aus zwei Pauschalen. Eine Pauschale war für die Flugkosten vorgesehen, die andere Pauschale für Wohnungs- und Unterhaltskosten. Der Antrag an den DAAD für den Erhalt der Gelder wurde hierbei von Prof. Lippitz gestellt, da bereits vor meinem Flug nach Australien die Idee einer Kooperation zwischen der australischen Gruppe und Prof. Lippitz bestand. Die weiteren Vorbereitungen bestanden für mich darin, gemeinsam mit Stuart die mitgebrachten Proben zu vermessen, Reisepass und Visum zu beantragen und den Flug zu buchen.

Unterkunft

Die ersten beiden Nächte verbrachte ich in einer Jugendherberge im Central Business District (CBD, dt. Innenstadt) von Melbourne. Ich nutzte die Zeit, um mir selber eine WG in der Nähe von Clayton zu suchen. Alternativ hätte meine Gastgeber-Gruppe auch ein Zimmer für mich in einem Studentenwohnheim an der Monash University Clayton organisieren können. Ich entschied mich jedoch bereits vor meinem Abflug für eine WG, da ich die australische Mentalität kennen lernen wollte. Das war auch nicht weiter schwer, denn innerhalb von 24 Stunden hatte ich bereits eine WG in der Nähe zu Clayton, in Mount Waverley, gefunden. Die vier weiteren Mitbewohner waren stets sehr freundlich, offenherzig und hilfsbereit. Somit habe ich mich dort sehr wohl gefühlt. Durch meine Mitbewohner habe ich auch sehr schnell, sehr viele weitere, neue Leute kennen gelernt. Nicht nur aus Melbourne und dem Staat Victoria, sondern auch aus den anderen Staaten Australiens wie z.B. Tasmanien, Queensland, New South Wales, South Australia sondern darüber hinaus bis nach Neuseeland. Die Lebenshaltungskosten sind in Melbourne CBD im Vergleich zu Deutschland sehr hoch. Glücklicherweise liegt Clayton etwas von der CBD entfernt. Dennoch musste ich ca. 1.000 A$ (1 € ≈ 1,5 A$) pro Monat alleine für die Warmmiete zahlen. Anders als in Deutschland gibt es in Australien im Allgemeinen keine Mensa an den Universitäten, dafür aber viele Minirestaurants. Egal ob Sandwich, Schnitzel, exotisches asiatisches Essen oder einfach nur einen leckeren Kaffee, für jeden Geschmack ist etwas dabei. Allerdings bezahlt man da bereits 10 A$. Ich habe deshalb sehr schnell auf Selbstversorger umgestellt und mein eigenes Essen zur Arbeit mitgebracht. Noch teurer als das Essen ist das Bier in Australien. Ebenfalls 10 A$ für ein 0,365 l kleines Bier in der Kneipe sind ganz normal.

Arbeit bei CSIRO und MCN

Der Grund für die Zusammenarbeit von CSIRO und MCN liegt darin, dass das MCN eine Userfacility ist, in der man für seine Aufenthaltszeit bezahlen muss. Diese Kosten wurden von meiner Arbeitsgruppe über CSIRO abgerechnet. Bei CSIRO wurden außerdem die Arbeiten mit den Nanokristallen (NCs) erledigt. Sei es das Aufbereiten verklumpter NCs, Versuche mit unterschiedlichen NC-Konzentrationen bis hin zum auftropfen der NCs auf die 2-Schritt Elektronenstrahllithographie (engl. Electron Beam Lithographie, EBL) Proben. Das MCN hingegen war sicherheitstechnisch nicht für den Umgang solcher Materialien ausgestattet. Auf der anderen Seite bestand das MCN aus einem Aufenthaltsraum, einem Arbeitsplatzbereich für die User, einem Nasslabor und zwei riesigen Reinräumen der Klassen 10.000 und 100. Diese beiden Räume waren notwendig, um die empfindlichen Nanostrukturen nicht mit Staub oder anderen Mikropartikeln zu verschmutzen. In der neuen Arbeitsgruppe wurde ich von Anfang an freundlich und herzlich empfangen, was mir einen sehr schnellen Einstieg erlaubte. Das Ziel meines Aufenthaltes war das Erlernen der wichtigsten Schritte zur Herstellung von Metall-Nanokristall Proben. Die Nanokristalle bestehen aus Halbleitermaterialien wie z.B. GaAs oder CdSe. Die NCs, die ich hierbei verwende, bestehen aus einem Core-Shell Aufbau. Zuerst müssen die Deckgläser gereinigt und anschließend mit einer gleichmäßigen Schicht PMMA im Spincoater bedeckt werden. Danach werden die Deckgläser mit einer 10 nm dicken Schicht Chrome bedampft und der erste Schritt der EBL kann beginnen. Zuerst wird ein bestimmtes Muster am Computer erstellt und der EBL-Maschine übergeben. Durch den Beschuss mit Elektronen auf die Chromschicht werden die Elektronen abgebremst, reagieren mit dem PMMA und erhöhen dessen Löslichkeit.

Mit Hilfe von Chromätze und Entwickler entfernt man sowohl die Chromschicht, als auch das beschossene PMMA. Durch den Metallaufdampfer wird nun ein Edelmetall wie Gold oder Silber auf die „löchrige“ PMMA-Schicht aufgebracht. Zum Schluss wird das restliche PMMA durch eine Kombination von Aceton und Isopropanol komplett entfernt (Liftoff). Überschüssiges Metall wird dabei mit entfernt und nur Metall, welches Kontakt zum Deckglas hatte, bleibt daran haften. Um nun die NCs in die Nähe des Metalls zu bringen, werden die Vorgänge PMMA spincoaten und Chrom aufdampfen wiederholt. Die größte Schwierigkeit in der EBL liegt nun darin, die im ersten EBL-Durchgang erstellten Marker wiederzufinden und die Probe daran auszurichten. Danach können die nächsten Muster lithographiert werden. Chromätze und Entwickler beenden den Vorgang der Zwei-Schritt-EBL. Durch Techniken wie Dropcasten und Spincoaten werden nun die NCs auf das Deckglas aufgebracht. Überschüssige NCs bleiben auf dem PMMA hängen und werden durch den erneuten Liftoff entfernt. Da die am Computer geschriebenen Muster nur wenige Nanometer groß sind und das Aufdampfen auf ±1 Å genau erfolgt bzw. die NCs nur 8 nm groß sind im Durchmesser, erhält man sehr präzise Nanostrukturen. Aufgrund der gegebenen Geometrie zwischen Edelmetall und Nanokristallen wird beim Bestrahlen mit Licht eine Oberflächenplasmonresonanz erzeugt. Laut Theorie führt dies dazu, dass sich alle NC-Dipole entlang einer Achse ausrichten. Anstelle das Licht spontan im Prozess der Photolumineszenz zu emittieren, werden nun Photonen in einem sehr kurzen Zeitintervall nahezu zeitgleich emittiert, was unter dem Namen „Superemitters“ bekannt ist.

In meiner Zeit nach der Arbeit habe ich versucht mir so viel wie möglich von Melbourne anzuschauen und da wird einem ganz sicherlich nicht langweilig! Bereits von Deutschland aus habe ich die größten Attraktionen ausfindig gemacht, wie z.B. Eureka Skytower, Melbourne IceBar, Queensmarket, Melbourne Jail Ghoststory, Maru Koala Park, Great Ocean Road, Lunapark und noch vieles, vieles mehr. Die Stadt lebt hierbei von ihrer Vielfältigkeit und den vielen verschiedenen kulturellen Einflüssen. Während an den Stränden die Surferkultur stark vertreten ist, ist es in der Innenstadt die hektische Betriebsamkeit, unterbrochen von den kleinen versteckten Bars, Restaurants und Kneipen. Es lohnt sich einfach mal spontan in eine Seitengasse zu schauen, nur um vielleicht das leckerste Restaurant für Dumplings in ganz ChinaTown oder den besten Kaffee der Stadt zu finden. Am Wochenende kann man z.B. tagsüber den persönlichen Teint durch ein Sonnenbad am Strand in St. Kilda optimieren. Abends kann man dann in den unzähligen Kneipen, Bars, Discos und Casinos bis zum Morgengrauen feiern, ab 23 Uhr leider nur noch Indoors, aber nicht weniger feuchtfröhlich. Besonders freitags zieht es den Melbourner direkt nach Feierabend in die Stammkneipe um ein paar Bierchen mit Arbeitskollegen im Anzug zu trinken.

Ein interessanter Pluspunkt ist es als Deutscher in Australien zu sein. Zum einen finden die meisten Australier den deutschen Akzent lustig-interessant, zum anderen haben die meisten Australier ein sehr positives Bild von Deutschland bzw. waren auch schon einmal hier (zu 90% derer die mal Deutschland waren, haben die Städte Berlin und München besucht). Die übliche Floskel „How’s going?“, die man sowohl vom Arbeitskollegen, wie auch vom Kassierer im Supermarkt hören kann, sollte man tatsächlich wahrnehmen und einen Smalltalk anfangen. Hin und wieder können die Aussies (so bezeichnen sich die Australier selber; siehe auch „Australia Day“-Ausruf: Aussie Aussie Aussie, Oi Oi Oi!) auch ein paar Wörter Deutsch und freuen sich ungemein, diese zum Besten geben zu dürfen (auch wenn es zu 50% nur Schimpfwörter sind). Im Anschluss an meinen zweimonatigen Forschungsaufenthalt, habe ich noch zwei Wochen Urlaub angehängt. Von meinen neu gewonnenen Freunden wurde ich kurzerhand zum Weihnachtsfest eingeladen. Dies findet ganz traditionell mit BBQ am Strand bei gut 30°C statt. Ein weiteres Highlight war Silvester in Sydney, um dort das Feuerwerk am Opera House im Hafen von Sydney anzuschauen und zusammen mit meinen Freunden und Millionen weiterer Menschen das neue Jahr zu begrüßen.

Fazit

Dieser Auslandsaufenthalt hat alle meine Erwartungen übertroffen und mein Leben sehr bereichert! Seitens meiner Forschungsarbeit wurde ich sehr gut betreut mit Ratschlägen, Tipps und Tricks zur Probenherstellung und wissenschaftlichen Veröffentlichungen anderer Forschergruppen zu meinem Projekt. Auf Grund dessen, das ich mich jeden Tag mit Arbeitskollegen, Hausbewohnern oder Freunden verständigen musste, habe ich mein Englisch deutlich verbessern können. Auch nach meiner Rückkehr nach Deutschland bin ich mit meinen Freunden DownUnder fast täglich in Kontakt per E-Mail oder Skype. Für meine weitere Arbeit in Bayreuth werden die mitgebrachten Proben noch optisch vermessen und neue Proben mit neuer Geometrie hergestellt, um dem Geheimnis des Superemitters auf die Spur zu kommen.